Grempler: „Wir hatten nichts zu verlieren“

Stendal (srü). Fußball: „Reingegrätscht – Der Sport-Talk der Altmark“ stellt in seiner zweiten Ausgabe zur Pokal-Saison 1995/1996 des FSV Lok Altmark Stendal mit Dirk Grempler und Karsten Heine das Duell gegen Hertha BSC in den Mittelpunkt.

Es ist 30 Jahre her, dass die Altmark fußballerisch Kopf stand. Verantwortlich dafür waren die Fußballer des FSV Lok Altmark Stendal. Der damalige Drittligist bekam es in der DFB-Pokal-Saison 1995/1996 mit Mannschaften wie dem VfL Wolfsburg, Hertha BSC, Waldhof Mannheim und Bayer 04 Leverkusen zu tun – und sorgte für eine Sensation nach der anderen. Zum Anlass dieses Jubiläums steht die diesjährige Staffel „Reingegrätscht – Der Sport-Talk der Altmark“ des Kreisfachverbands (KFV) Fußball Altmark-Ost in Zusammenarbeit mit dem 1. FC Lok Stendal und dem Offenen Kanal genau unter diesem Motto. In Sendung zwei, die am Dienstagabend aufgezeichnet wurde, stand das Duell mit Hertha BSC im Fokus. Dazu stellten sich Lok-Ikone Dirk Grempler und Karsten Heine, seinerzeit Cheftrainer der Berliner, den Fragen von Sabrina Bramowski, die gewohnt charmant durch die gut 90 Minuten führte.

Es war der 20. September 1995: 2.500 Zuschauer waren noch elektrisiert vom Weiterkommen der Stendaler gegen den VfL Wolfsburg, der erst in der Vorsaison im Pokalfinale stand. Sie trauten ihrer Mannschaft alles zu. In der zweiten Runde des DFB-Pokals musste Hertha BSC mit Christian Fiedler und Niko Kovac seine Visitenkarte in Stendal abgeben. Die passende Einstimmung in den Räumlichkeiten des Stendaler Stadions „Am Hölzchen“ bot der damalige Fernsehbeitrag Wolfram Engel, der die Partie seinerzeit für den Mitteldeutschen Rundfunk begleitet hatte. Nach einem 0:1 in Minute zwölf glich Markus Hoffmann für die Rolandstädter in Durchgang zwei aus. Damit ging es in die Verlängerung, wo Ronny Dau (100. Minute) und Rainer Wiedemann (117.) für den FSV Lok Altmark auf 3:1 stellten. Der Berliner Anschlusstreffer eine Minute vor Ultimo war dann nur noch Ergebniskosmetik.

„Ich gratuliere hier gern noch einmal“, sagte Heine, der von seiner Begeisterung für Pokal-Wettbewerbe berichtete. „Ich liebe Pokal. Ich liebe solche Spiele und Ergebnisse – du musst nur auf der Seite des Underdogs stehen“, so die Trainer-Legende, die derzeit bei der BSV Eintracht Mahlsdorf in der Oberliga Süd an der Seitenlinie steht. „Eines darf als Favorit in so einem Duell nicht passieren: Du darfst die unterklassige Mannschaft nicht schnuppern lassen. Genau das ist andersrum aber auch das Schöne“; so Heine weiter.

„Für uns alle war das eine Wahnsinnszeit“, erklärte Grempler. „Wir waren in dieser Zeit die Top-Mannschaft, die Nummer eins in Sachsen-Anhalt, und wussten: da geht noch was. Mich hat dabei am meisten bewegt, was hier in der Region passiert ist. Was wir da geschafft haben, war einzigartig. So hatten wir gegen Hertha, bei der alle Akteure besser waren, nichts zu verlieren und haben den Impuls der Zuschauer im Stadion gespürt“, so der damalige Lok-Libero weiter. Dem entgegnete Heine: „Einen Rainer Wiedemann hatten wir nicht.“ Er ließ damit auch durchblicken, dass der „Bomber“, wie er genannt wurde, durchaus auch bei den Berlinern auf dem Zettel stand. Allein dies unterstrich, welchen Stellenwert Stendal in Fußball-Deutschland einst hatte.

Munter erzählten Karsten Heine und Dirk Grempler aus ihren ersten Schritten als junge Kicker im Nachwuchs und ihrem Weg in den Profifußball der damaligen Deutschen Demokratischen Republik. Bei beiden brachte die Wendezeit eine Veränderung mit sich. Für Heine, der bei Union Berlin groß geworden war, entstand mit dem Duell gegen Hertha BSC vor 57.000 Zuschauern der Kontakt zum großen „Rivalen“. Dabei war das damals „zwischen Hertha und Union mehr eine Freundschaft“, erklärte der Trainer. Grempler absolvierte ein Probetraining beim 1. FC Magdeburg, der zum Trainingslager in Ilsenburg war. „Die ersten Tage hat es nur geregnet, da konnte ich mit Laufen und Athletik überzeugen. Dass zwei Spieler sich verletzt haben, war dann mein Glück. Achim Streich fragte mich, ob ich mit zum Club komme.“

Zu seinem weiteren Karriereverlauf verriet Dirk Grempler auch, dass es Kontakt zum VfL Wolfsburg und dem damaligen Manager Peter Pander gab. Ein Wechsel kam aber nicht zustande. Stattdessen führte der Weg des gebürtigen Quedlinburgers wenige Jahre später als Spielertrainer nach Osterburg und dann weiter nach Bismark, wo er ganz 16 Jahre die Landesliga-Elf coachte. Hierzu blickte Grempler auch auf die Beziehung zwischen ihm und seinem Vater, der in den Anfangsjahren sein Trainer war. Dem gegenüber stellte er seine Zeit als Trainer von Sohn Philipp.

Karsten Heine brach abschließend eine Lanze für Trainer im Amateurbereich. „Ich ziehe den Hut vor jedem, der speziell Nachwuchstrainer macht. Ich möchte das nicht. Für mich sind all die Trainer im Amateurbereich die Trainer des Jahres“, würdigt das Urgestein die Leistung aller Amateurtrainer, die diesen anstrengenden Job nach Feierabend machen. Dabei schätzte er ein, dass die Arbeit in kleinen Vereinen weitaus schwerer ist, als in großen.

Unter dem Beifall der etwa 40 Zuschauer ist am Ende noch das traditionelle Quiz aufgelöst worden. Das Lösungswort lautete Mannheim und deutete damit bereits auf die nächste Ausgabe von „Reingegrätscht – Der Sport-Talk der Altmark“ hin. Diese findet am 4. November statt und stellt dann die nächste Pokalrunde des FSV Lok Altmark Stendal aus der Saison 1995/1996 gegen Waldhof in den Mittelpunkt. Dirk Grempler loste unter allen Teilnehmern noch den Tagessieger aus: Maik Sturm gewann einen Schal des 1. FC Lok Stendal.

„Reingegrätscht – Der Sport-Talk der Altmark“ wurde am 23. September präsentiert durch die Stadtwerke Stendal und ALS Dienstleistungsgesellschaft.

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Bildquelle. Stefan Rühling