Berlin/Stendal (aju/mm) Das Ehrenamt im Sportverein ist wichtig für den Zusammenhalt in unserem Land. Jetzt, in Zeiten vieler Krisen, erst recht. Der Amateurfußball kann helfen und er will auch helfen. Doch dazu braucht er erst einmal selbst Hilfe.
Denn er ist in Not. In den Städten gibt es zu wenig Fußballplätze, ehrenamtliche Trainerinnen und Betreuer, Kinder werden nach Hause geschickt. Auf dem Dorf hingegen gibt es nicht genug Kinder. Sportstätten verkümmern, vielen Vereinen fehlt das Geld, immer mehr Bürokratie belastet sie. Eltern, die in ihrem Sohn den nächsten Musiala sehen, erschweren ihnen zusätzlich das Leben. Und die meisten Vereine fühlen sich politisch nicht vertreten, sie wünschen sich mehr Mitsprache.
Die Hartplatzhelden (eine seit 2006 bestehende ehrenamtliche Interessenvertretung des Amateurfußballs) führten am Freitag vor dem DFB-Pokalfinale eine Amateurfußball-Konferenz unter dem Motto „Wer den Amateurfußball stärkt, stärkt die Demokratie“ in Berlin durch. Unter den gut 100 Anwesenden weilte auch eine Delegation aus der regionalen Fußballfamilie mit Henning Lehmann (Eintracht Mechau), Michael Müller (KFV Altmark-Ost), Michael Siegmund (FSV Saxonia Tangermünde), Hartmut Wildermuth (FSV Havelberg), Alexander Wittwer (Kinderstärken) und Dr. Herbert Wollmann (ehem. Bundestagsabgeordneter).
Nach der Eröffnung stellten Justus Schröer und Marcel Hager die Ergebnisse einer groß angelegten Umfrage vor. Diese Umfrage ergab, dass die größten Herausforderungen im Amateurfußball gegenwärtig in der Aufrechterhaltung bzw. dem Ausbau der Infrastruktur und der Gewinnung von zuverlässigen Ehrenamtlichen liegen.
Im Anschluss konnte jeder Teilnehmer an zwei von insgesamt sieben Workshops teilnehmen. Die Inhalte der Workshops waren sehr vielfältig, wie z.B. Ehrenamtsgewinnung, Jugendschutz, Digitalisierung, Projektmarketing, moderner Kinderfußball oder zeitgemäße Infrastruktur.
Nach der Mittagspause wurde die erste Podiumsdiskussion zum Thema „Mitsprache für Amateurvereine“ im großen Plenum durchgeführt. Die Moderation führte hier der Journalist Christoph Ruf und auf der Bühne nahmen Arianit Besiri (Vize-Präsident Fußballverband Rheinland/Bürgermeister der Gemeinde Morbach/ Schiedsrichter bis zur Regionalliga), Tina Winklmann (Sportpolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag) und Michael Franke (Vorstand FT Gern München) Platz. Besonders den Worten von Arianit Besiri konnte sehr zugestimmt werden. Im anschließenden offenen Austausch führte auch KFV-Präsident Michael Müller einige Worte aus, die mit Beifall aus dem Publikum honoriert wurden.
Nach der Kaffeepause folgte eine zweite Podiumsdiskussion zum Thema „Vielfalt im Ehrenamt“. Im Podium saßen Susanne Amar (Expertin für Kommunikation im Jugendfußball), Younis Kamil (Universität Brüssel/Präsidiumsmitglied ROOTS Against Racism), Celia Šašić (DFB-Vizepräsidentin für Gleichstellung und Diversität) und Rainer Schütte (Präsident DSC Arminia Bielefeld), die sich der Moderation von Tiziana Höll stellten.
Nach den beiden Podiumsdiskussionen folgte ein Interview mit Philipp Lahm, dem Mannschaftskapitän der deutschen Weltmeistermannschaft von 2014 in Brasilien. Die Fragen wurden ihm von der aus dem ZDF bekannten Moderatorin Katrin Müller-Hohenstein gestellt.
Es folgten zwei Ehrungen als weiterer Höhepunkt der Veranstaltung. Mit Almuth Schult und Maja Wallstein gingen die zwei Auszeichnungen an Frauen, die sich auf mehreren Ebenen im Fußball verdient gemacht haben. Schult, die zeitweise ihren Lebensmittelpunkt in Stendal hatte, wurde unter anderem für ihr frauengesellschaftliches Engagement ausgezeichnet. Wallstein ist Mitglied des Bundestages und in ihrer Freizeit als Schiedsrichterin auf den Plätzen Brandenburgs unterwegs. Im Gespräch erzählte sie, dass ihr nächster Einsatz als Schiedsrichterin zwei Tage später in der Landesliga Süd in Lauchhammer ist.
Zum Abschluss des Amateurfußball-Konferenz wurden auf der Leinwand amüsante Filme aus dem Amateurfußball gezeigt, die von der Spieler- und Trainerlegende Ewald Lienen live kommentiert wurden.
Neben den angebotenen Programmpunkten auf der Konferenz gab es auch ausreichend Zeit, mit weiteren Teilnehmern ins Gespräch zu kommen. So wurden intensive Gespräche mit Ewald Lienen, Breschkai Ferhad (Referentin Gesellschaftliche Verantwortung, DFB), Roman Grill (Philipp-Lahm-Stiftung) oder Arianit Besiri geführt.
„Eine absolut gelungene Veranstaltung mit spannenden Beiträgen. Wir haben dem altmärkischen Fußball auf der Konferenz eine starke Stimme gegeben und nehmen viele neue Kontakte und Sichtweisen mit in die Heimat. Wiederholungsbedarf“ – so das Fazit von Michael Siegmund nach der Veranstaltung.
In Berlin waren diverse Medienvertreter anwesend, unter anderem der Deutschlandfunk mit Redakteur Maximilian Rieger. Der Beitrag, indem auch KFV-Präsident Müller zu Wort kommt, kann hier angehört werden.
Bildquelle: KFV